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Die Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe schließt Anspruch auf Hartz IV aus

7. Oktober 2011

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 21.6.2011, Az. B 4 AS 128/10 R, entschieden, dass jemand, der im geschlossenen Vollzug eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt, kein Anspruch auf Hartz IV (Arbeitslosengeld II) zusteht. Wird in einem strafrechtlichen Verfahren rechtskräftig eine Geldstrafe verhängt, die der Verurteilte anschließend nicht zahlt, so wird -außer in Härtfeällen- eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Einem Tagessatz entspricht ein Tag Freiheitsstrafe (vgl. § 43 StGB). Die Ersatzfreiheitsstrafe darf nur verhängt werden, wenn sie unerbringlich ist. Das bedeutet, dass die Vollstreckung der Geldstrafe erfolglos betrieben worden sein muss. Regelmäßig bestehen bei Zahlungsunfähigkeit auch die Möglichkeiten eine Ratenzahlung (vgl. § 42 StGB) zu vereinbaren oder auf Antrag die Geldstrafe durch Ableisten von gemeinnütziger Arbeit zu begleichen (vgl. § 1 Tilgungsverordnung Bln). Mit sechs Stunden freier Arbeit wird bei letzterem ein Tagessatz der Geldstrafe getilgt. Für die Vollstreckung ist die Staatsanwaltschaft zuständig. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist neben der Straf- und Untersuchungshaft die dritthäufigste freiheitsentziehende Maßnahme. Im vorliegenden, vom BSG zu entscheidenden Fall wurde die Ersatzfreiheitsstrafe für 3 Monate im geschlossenen Vollzug für den Kläger angeordnet. Der Kläger befand sich im laufenden Bezug von Arbeitslosengeld nach dem SGB II. Darauf hob das Jobcenter den Hartz-IV-Bewilligungsbescheid wegen Wegfalls des Leistungsanspruchs auf. Denn der Bedürftige muss dem Arbeitsmarkt zu einer mindestens 15 Wochenstunden umfassenden Erwerbsarbeit zur Verfügung stehen (vgl. § 7 Abs. 4 SGB II). Der Aufenthalt im sogenannten Regelvollzug einer Justizvollzugsanstalt (JVA) ohne Freigang biete diese Möglichkeit nicht. Das BSG begründete die Entscheidung allerdings vorrangig damit, dass es sich auch bei der Ersatzfreiheitsstrafe um eine richterlich angeordnete Maßnahme der Freiheitsentziehung handele, die automatisch zum Leistungswegfall führe. Denn bei jeder Verurteilung zu einer Geldstrafe werde die Ersatzfreiheitsstrafe bei Nichtzahlung der Geldstrafe mitgedacht und mitverhängt und trete als echte Strafe ohne rechtsgestaltenden Akt an die Stelle der Geldstrafe. Der Bedürftige sei darüber hinaus verpflichtet, den bevorstehenden Haftantritt zumindest vorsorglich dem Jobcenter mitzuteilen.

Anders verhält es sich übrigens beim Ableisten von sozialer Arbeit statt Strafe, dabei steht der Verurteilte dem Arbeitsmarkt weiterhin zu Verfügung, da er jederzeit die gemeinnützige Arbeit abbrechen und einen regulären Job annehmen kann, er behält also währenddessen seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV).

Fundstelle: Bundessozialgericht, Urteil vom 21.6.2011, B 4 AS 128/10 R

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